Hier mal ein Interview mim südzucker-Chef, wens interessiert..
Die Schließung der rgbg Fabrik hat mich hart getroffen, weil ich dort tätig war.
Da gestern alte threads ausgepackt wurden hab ich auch mal gestöbert.
Lebensmittel Zeitung 20.7.12
Interview Wolfgang Heer - Südzucker
„Nicht nachvollziehbar“
Der weltgrößte Zuckerproduzent Südzucker glänzt nach einem Rekordjahr auch im ersten Quartal. Vorstandschef Dr. Wolfgang Heer durfte sich am Donnerstag auf der Hauptversammlung feiern lassen. Viele Kunden sind weniger begeistert.
Herr Heer, wenn ein als so zurückhaltend geltender Manager wie Sie beginnt, von ‚neuen Dimensionen’ zu sprechen, in die Südzucker mit ‚Dynamik und Stärke vorstößt’, muss es einem da allmählich unheimlich werden?
Unheimlich wird mir dabei nicht. Nach der Reform der europäischen Zuckerpolitik im Jahr 2006 musste Südzucker eine Phase bewältigen, die mit Werkschließungen und zurückgehenden Ergebnissen belastet war. Die Restrukturierung war schmerzhaft für den ganzen Zuckersektor. Südzucker ist es in den letzten beiden Geschäftsjahren gelungen, das Ertragsniveau zu erreichen, das wir vor dem Jahr 2006 hatten. Wir konnten wieder an Dynamik und Stärke gewinnen und das freut mich natürlich.
An der Börse und auf der Hauptversammlung haben Sie gerade viel Lob erhalten. Der Nahrungsmittelindustrie, die seit Monaten über eine Unterversorgung und steigende Zuckerpreise klagt, ist dieser Erfolg allerdings schwerer zu verkaufen.
Von einer Unterversorgung zu sprechen, ist schlichtweg falsch. Die durch die EU-Kommission im Rahmen der europäischen Zuckerpolitik ergriffenen Maßnahmen haben dazu geführt, dass mehr Zucker auf dem europäischen Markt verfügbar ist als im Vorjahr. Natürlich hat der Weltmarkt – und das war politisch so gewollt – Einfluss auf den europäischen Markt. Dass Zucker ein weltweit gefragtes Gut ist, drückt sich entsprechend in den Preisen aus.
Die Quotenregelung läuft am 30.09.2015 aus. Zum Ärger vieler Ihrer Kunden hat Michael Dantin, Berichterstatter des EU-Agrarausschusses, jedoch vor wenigen Tagen für eine Verlängerung bis 2020 plädiert. Und offenbar hat er dafür Rückendeckung von den deutschen und französischen Agrarministern. Eine Entscheidung soll im Herbst fallen.
Die derzeitige europäische Zuckerpolitik schafft Stabilität für den Sektor und Verlässlichkeit für die Verarbeitungsindustrie und Endverbraucher. Im Kern besteht ein Quotensystem mit einem Selbstversorgungsgrad des europäischen Marktes in Höhe von rund 85 Prozent. Dieses Mindestmaß an Selbstversorgung sollte man nicht aufgeben, vor allem vor dem Hintergrund, dass der Zuckerweltmarkt schon immer hoch volatil war.
Die übrigen 15 Prozent des EU-Bedarfs müssen trotz zuletzt guter Ernten importiert werden. Damit schlägt der Weltmarktpreis auf den europäischen Binnenmarktpreis durch, was dazu führt, dass sich die Verlässlichkeit bei Zucker zuletzt auch in Europa in Grenzen gehalten hat.
Südzucker hat die Kundenkontrakte immer verlässlich bedient, das möchte ich klar betonen. Die Preisentwicklung in Europa ist deutlich stabiler als auf dem Weltmarkt. Wir arbeiten in den meisten Ländern mit Jahreskontrakten, die unseren Kunden eine Preisstabilität und Planungssicherheit bieten. Durch die Notwendigkeit, Zucker vom Weltmarkt zu importieren, nehmen aber natürlich fundamentale Preisentwicklungen auch Einfluss auf das europäische Preisgefüge. Grundsätzlich hat es sich aber gezeigt, dass das System der Quoten in Verbindung mit den zuckerpolitischen Instrumentarien – wie Wandlung von Nichtquotenzucker und Importtenderverfahren – die Versorgung in Europa gewährleistet.
Sollte die Quotenregelung doch auslaufen, wie dramatisch wären die Konsequenzen für Südzucker?
Zum jetzigen Zeitpunkt rechnen wir nicht mit dem Auslaufen der Quotenregelung und wir setzen uns für den Erhalt der bestehenden Regelungen bis mindestens 2020 ein. Die Argumentation, dass ohne ein Quotensystem mehr Zuckerrüben in Europa angebaut und Zucker günstiger werden würde, ist nicht nachvollziehbar. Der Mindestpreis für Zuckerrüben – gekoppelt mit der Abnahmegarantie – gibt dem Rübenanbauer erst den nötigen Planungshorizont. Je nach Marktlage würde sich mancher Landwirt für den Anbau anderer Kulturen entscheiden, die keine Vorlaufzeit von zwei Jahren mit sich bringen und weniger kapitalintensiv sind.
Angesichts der Entwicklung wird viel über den seit Jahresanfang in Deutschland zugelassenen Zuckerersatzstoff Stevia diskutiert. Wird Stevia in absehbarer Zeit tatsächlich eine Alternative darstellen können?
Seit vielen Jahren befassen wir uns mit dem Potenzial von Extrakten aus der Steviapflanze. Mit Steviolglycosid gesüßte Produkte werden sicherlich ihre Marktlücke als Substitut für künstliche Süßstoffe finden.
Mitte Mai durften Sie zur Überraschung deutscher Kartellhüter die Beteiligung am weltweit zweitgrößten Zuckerhändler ED&F Man in Höhe von 25 Prozent abschließen. Der Londoner Konzern ist vor allem in Zentral- und Südamerika, Fernost und Südostasien aktiv. Was erhoffen Sie sich davon?
Die EU-Wettbewerbsbehörde hat dieser Beteiligung nach sorgfältiger und langer Prüfung zugestimmt. Die Beteiligung an ED&F Man schafft uns eine Plattform im Zuckermarkt außerhalb Europas. Wir sehen vor allem im Zuckerhandel und bei Zuckerproduktionsaktivitäten von ED&F Man Ansatzpunkte.
Ihr neuer Partner ist auch im Kaffeehandel aktiv. Arbeiten Sie bereits an neuen Geschäftsfeldern?
Wie gesagt, unser Hauptinteresse gilt dem Zuckerbereich außerhalb Europas. Für ED&F Man ist aber der Kaffeehandel sicher ein wichtiges Geschäftsfeld.
Denken Sie bereits über eine Aufstockung der Anteile nach?
Wir haben unsere Zusammenarbeit erst begonnen, weitere Überlegungen sind derzeit verfrüht.
Für das Gesamtjahr rechnen Sie bisher mit einem leichten Umsatzanstieg auf knapp über 7 Mrd. Euro. Angesichts des ersten Quartals klingt die Prognose zurückhaltend. Allerdings tritt Nordzucker nach einem ähnlich starken Auftakt auf die Euphoriebremse. Konzernchef Fuchs weist darauf hin, dass sich die Eintrübung der Konjunktur bereits in einer verlangsamten Zuckerabnahme spiegele und kündigt an, das Unternehmen ‚schlanker aufstellen’ zu wollen.
Wir würden die Prognose im weiteren Geschäftsjahr natürlich lieber erhöhen als senken. Für beides haben wir aber derzeit keine Signale. Was wir aber sehen ist, dass Rohstoffpreise auch im laufenden Geschäftsjahr erheblichen Einfluss auf unsere Geschäftsentwicklung haben können. In welchem Ausmaß die Staatsschuldenkrise auf das Konsumverhalten der Endverbraucher Einfluss nehmen wird, kann ich derzeit auch nicht abschätzen.
Mit Zentis-Chef Karl-Heinz Johnen bezeichnen viele Unternehmen die Situation als existenzbedrohlich und hoffen auf eine Rückkehr zu einem Kilopreis von rund 55 Cent. Wie stehen die Chancen dafür?
In den letzten vier Wochen ist die Zuckernotierung auf dem Weltmarkt um 100 US-Dollar die Tonne gestiegen. Inwiefern kurzfristige Entwicklungen des Weltmarktpreises Einfluss auf das zukünftige europäische Preisniveau nehmen, ist schwer zu sagen. lz 29-12
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